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Weltreligionen

Der Ausdruck „Weltreligionen“ wirkt auf den ersten Blick neutral: Er bezeichnet große, historisch gewachsene Glaubenssysteme mit vielen Anhängerinnen und Anhängern, die sich über verschiedene Länder hinweg verbreitet haben und oft einen universellen Anspruch vertreten. Zu dieser Gruppe zählt man gewöhnlich Christentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus und Judentum; manchmal auch Sikhismus oder daoistische und konfuzianische Traditionen. Sie entwickelten sich aus regionalen Kulten oder philosophischen Schulen und breiteten sich durch Mission, Handel, Migration oder politische Macht weit über ihre Ursprungsorte hinaus aus. Oft ordnet man sie geografisch oder nach kulturellen Ursprüngen ein.

Doch dieser Begriff hat eine Geschichte, die aufhorchen lässt. Er entstand im 19. Jahrhundert in einem europäischen Wissenschaftskontext, in dem Religionen nach Kriterien wie Schriftlichkeit, globaler Verbreitung und Missionsanspruch geordnet wurden. Dadurch passten bestimmte Religionen gut ins Raster, andere – etwa indigene Traditionen ohne heilige Bücher oder globalen Anspruch – fielen durchs Netz. Die Einteilung spiegelt also weniger die Selbstsicht der Religionen wider als die Erwartungen ihrer Forscherinnen und Forscher.

Wer den Begriff verwendet, teilt Religionen leicht in Klassen ein: wichtig und weniger wichtig, echt und vermeintlich unecht. So entsteht eine Hierarchie, die viele religiöse Gemeinschaften marginalisiert und die enorme Vielfalt religiöser Wirklichkeiten verengt. Jede dieser sogenannten Weltreligionen ist zudem selbst ein Geflecht aus Schulen, Strömungen und regionalen Ausprägungen. Von „dem“ Christentum oder „dem“ Buddhismus zu sprechen, greift viel zu kurz. Auch verbreitete Annahmen – etwa dass Weltreligionen immer monotheistisch seien – halten einer näheren Betrachtung nicht stand.

Für heidnische, spirituelle und eklektische Traditionen dienen diese großen Religionen oft als Kontrastfolie. Viele moderne Paganismen verstehen sich als Wiederbelebung oder Weiterführung vorchristlicher oder indigener Wege und grenzen sich bewusst von zentralistischen oder dogmatischen Strukturen ab. Gleichzeitig können Elemente aus den großen Traditionen inspirierend wirken, etwa meditative oder mystische Praktiken. Und das Verständnis ihrer Lehren und Geschichte hilft, die kulturellen Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft zu begreifen und respektvoll zu kommunizieren.

Gerade im interreligiösen Dialog zeigt sich jedoch, wie problematisch der Begriff „Weltreligionen“ sein kann. Wenn nur einige Traditionen eingeladen werden und andere außen vor bleiben, entsteht keine Begegnung auf Augenhöhe. Viele Netzwerke sprechen deshalb lieber von Religionen, spirituellen Traditionen oder Glaubenswegen – ohne Wertung, ohne Hierarchie.

Der Begriff „Weltreligionen“ ist also ein Produkt seiner Zeit. Er teilt in groß und klein, echt und unecht, und wird der Vielfalt religiöser Lebensformen kaum gerecht. Wer diese Vielfalt ernst nimmt, sucht nach einer Sprache, die alle Wege sichtbar macht – ohne sie in vorgefertigte Schubladen zu pressen.

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Schlagwörter

    Spiritualität Werkzeug Natur Zusammenkunft Tradition Hexen Magie Ritual Wicca Religion

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