Die Wandlung des „Sabbat“: Vom Ruhetag zum Jahresrad
Der Begriff Sabbat ist im modernen Wicca und paganen Glauben eines der zentralen Worte. Es bezeichnet die acht Jahreskreisfeste, die den Lauf der Sonne und die Zyklen der Natur feiern.
Seine Geschichte ist komplex und beginnt in einem ganz anderen Zusammenhang:
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Ursprung im Hebräischen: Das Wort stammt ursprünglich aus dem Hebräischen (Shabbat), wo es den siebten Tag bezeichnet – die heilige Ruhezeit im Judentum. Im jüdisch-christlichen Kontext ist der Sabbat ein wöchentlicher Ruhetag, der an den siebten Tag der Woche gebunden ist, um sich von der Arbeit auszuruhen und Zeit für Gebet und Familie zu haben. Im Judentum beginnt er am Freitagabend und dauert bis zum Samstagabend, während im Christentum traditionell der Sonntag als Tag der Ruhe gefeiert wird.
Vom Heiligen Tag zum „Hexensabbat“
Durch das Mittelalter hindurch wurde der Begriff von der christlichen Theologie und Inquisitionsliteratur übernommen und verzerrt.
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Dämonisierung: Aus dem Sabbat der Bibel wurde der „Hexensabbat“ – ein angebliches nächtliches Treffen der Hexen mit dem Teufel.
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Werkzeug der Verfolgung: In Werken wie dem Malleus Maleficarum (1487) und in unzähligen Hexenprozessakten diente diese Vorstellung als Beweis für angebliche Teufelspakte und Ketzerei. Reale Belege für solche Versammlungen existieren nicht; es handelte sich um reine Projektionen kirchlicher Fantasie.
Die Wiedergeburt im Okkultismus
Im 19. Jahrhundert erfuhr der Begriff eine Neudeutung durch Okkultisten und Romantiker. Persönlichkeiten wie Éliphas Lévi und der Historiker Jules Michelet (La Sorcière, 1862) sahen im vermeintlichen „Hexensabbat“ kein teuflisches Ritual mehr, sondern ein Überbleibsel alter heidnischer Fruchtbarkeitskulte.
Diese Vorstellung wurde von Margaret Murray in ihren Studien weiterentwickelt. Sie beschrieb die Hexenverfolgung als Unterdrückung eines vorchristlichen, naturreligiösen Kultes, der angeblich noch in geheimen Zirkeln fortbestand.
Der Sabbat im modernen Paganismus
Als Gerald Gardner, der Begründer des modernen Wicca, in den 1940er und 1950er Jahren diese Ideen aufgriff, übernahm er den Begriff „Sabbat“ in bewusst umgekehrter Bedeutung.
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Feiern der Naturzyklen: Die Sabbate wurden zu positiven, lebensbejahenden Feiern der Naturzyklen. Sie markieren den Kreislauf des Jahres – bekannt als das Rad des Jahres.
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Zweck: Die Feierlichkeiten ehren verschiedene Phasen der Natur und des spirituellen Zyklus. Im Gegensatz zum wöchentlichen monotheistischen Sabbat orientieren sich die heidnischen Sabbate weniger an einer Linie zwischen Arbeit und Ruhe, sondern mehr am Feiern der spirituellen Bedeutung der Natur, der Jahreszeiten und der Erneuerung des Lebenskreises.
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Funktion: Sie bieten Gelegenheiten zur Gemeinschaft, Reflexion und Verbindung mit der Natur.
So wurde ein Begriff, der einst als Symbol der Verfolgung und Dämonisierung diente, zu einem Zeichen spiritueller Rückbindung an die Natur.
Das Rad des Jahres: Die 8 Sabbatfeste
Die acht Sabbatfeste des Jahres sind im heidnischen/paganen Glauben eingebettet und zeigen Respekt vor der Erde und ihren Rhythmen. Sie stammen aus dem keltischen Heidentum und Wicca. Viele heidnische Gruppen nutzen es, es gibt allerdings bei Asatru und im Druidentum auch andere bezeichnungen für die Feste und auch andere Berechnungen, z.B. nach dem Mond (Anzahl der Neu- oder Vollmonde zwischen den Festen).
Die bekanntesten unter ihnen sind Samhain, Beltane und Yule.
Sie umfassen:
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Samhain (31. Oktober/1. November): Auch bekannt als Calan Gaeaf (Druidisch) oder Winternacht (Nordisch).
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Yule (Wintersonnenwende, um den 21. Dezember): Auch bekannt als Alban Arthan (Keltisch/Druidisch) oder Jól/Jul (Nordisch).
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Imbolc (31. Januar/1. Februar): Auch bekannt als Oimelc (Druidisch) oder Dísablót (Nordisch).
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Ostara (Frühlings-Tagundnachtgleiche, um den 21. März): Auch bekannt als Alban Eilir (Keltisch/Druidisch) oder Sigrblót/Sommerblót (Nordisch).
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Beltane (30. April/1. Mai): Auch bekannt als Walpurgisnacht oder May Day (Nordisch).
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Litha (Sommersonnenwende, um den 21. Juni): Auch bekannt als Alban Hefin (Keltisch/Druidisch) oder Midsommar (Nordisch).
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Lughnasadh/Lammas (31. Juli/1. August): Auch bekannt als Freyfest (Nordisch).
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Mabon (Herbst-Tagundnachtgleiche, um den 21. September): Auch bekannt als Alban Elfed (Keltisch/Druidisch) oder Haustblót/Erntedank (Nordisch).
Der heidnische Sabbat lädt dazu ein, die Wiederkehr der Natur, die Geburt neuer Ideen und die Verbindung mit der spirituellen Welt in all ihren Facetten zu zelebrieren – ganz ohne die fixierten religiösen Doktrinen der monotheistischen Religionen.